Ich habe diese Stille schon erfahren. Doch es scheint als ob sie immer wieder entgleitet. Wie kann ich Stille dauerhaft erfahren?
Februar 15, 2012

Fragen eines Freundes

09.01.2012

 

Ich habe diese Stille, diese Ruhe im Kopf, schon erfahren. Doch es scheint so als ob sie mir immer wieder entgleitet, als ob sie verschwindet. Wie kann ich diese Stille dauerhaft erfahren?

(Audio)

Du kennst schon die einzige Bedingung, während wir hier dieses Gespräch über Stille führen, oder? Diese Bedingung ist notwendig, damit überhaupt ein Gespräch stattfinden kann, damit beim Frager dies ankommt, dies was mittels des Sprechers ausgedrückt wurde. Die Bedingung ist ein vorurteilsfreies Zuhören dessen, was bei der Antwort ausgedrückt wird. Kein Annehmen, kein Ablehnen, kein Ignorieren, einfach nur still zuhören. Das scheint recht einfach und ist gleichzeitig die schwierigste Aufgabe, die wir von unserem zersplitterten ruhelosen Verstand verlangen können.

Wie du selbst bemerkst, kämpfst du schon mit dieser kleinen Bedingung. Wie wird es dann erst mit der Antwort sein? Vielleicht gefällt dir die Antwort und sie passt in dein Konzept von Wahrheit und Wirklichkeit. Dann wirst du zustimmen und die Antwort als weise preisen. Dann speicherst du sie ab unter „gute Antwort“. Oder, du lehnst sie kategorisch ab, ja sie macht dich sogar wütend. So sollte die Antwort nicht sein, sagst du. Du empfindest die Antwort als nutzlos, denn sie bringt dich nicht weiter. Vielleicht sagt du einfach, das verstehe ich nicht und wendest dich irgendeiner anderen Beschäftigung zu und vergisst sogar deine Frage vollständig. All das ist eine mögliche Reaktionsform.

Du kennst all diese Reaktionsformen genau. Es ist die Art wie wir Menschen ständig reagieren. Es ist unser mechanischer Reaktionsautomatismus, er unterstützt die Blase in der wir gewöhnlich bis zum Tod eingehüllt bleiben. Wenn wir sterben reißt diese Hülle auf und wir erhaschen ein Blick auf das Unvorstellbare, auf das Undenkbare.

Die Blase sollte eigentlich unserer Sicherheit dienen, doch nun ist es ein Gefängnis geworden und wir drohen darin zu ersticken. Deine Frage ist ein Ausbruchversuch aus dem Gefängnis. Die Antwort kann die Strickleiter sein, die dir hilft ein Blick über die Mauern zu werfen, doch klettern musst du selber. Die Frage ist doch ob du den Mut hast die paar Sprossen hochzuklettern. Bist du mutig genug?

Also gut, dann klettern wir ein paar Sprossen gemeinsam empor.

Stille an sich ist kein Objekt was erlangt wird und von jemand erfahren werden kann. Erkennt sich Stille als Stille in Form, zum Beispiel in der Form eines Menschen, so verschwindet dieser Jemand. Es verschwindet die gedachte und gefühlte Person augenblicklich, da diese psychologische Person das eigentliche Hindernis für dieses Erkennen darstellt.

Für eine Person ist diese Wahrheit ein schwerer Schlag, da sie ja davon ausgegangen ist, wenn sie nach Erkenntnis fragt auch als Lohn Erkenntnis bekommt. Für den Verstand ist das die größte Niederlage, die er zur Kenntnis nehmen muss. Es folgen die drei bekannten Reaktionsformen in unterschiedlichen Heftigkeiten und ihren jeweiligen Ausprägungen. Zwischen heller Wut und tiefer Depression ist alles möglich. Diese Reaktionen kennst du genau. Es ist dieser Reaktionsmechanismus, der uns Menschen das Leben ständig schwieriger erscheinen lässt. Alles wird komplizierter und wir fühlen uns tiefer und tiefer verstrickt in die Angelegenheiten des Lebens. Wir sind unglücklich, oder wir bemerken sogar unser unglücklich-sein nicht einmal mehr. Dann scheint alles in einer Art von Dumpfheit, von Betäubung, zu versinken.

Und plötzlich taucht da eine Erfahrung der Stille auf, eine Erfahrung der Ruhe im Kopf. Nun schau doch einfach mal genau hin. Hat Jemand, eine Person, Anteil an dieser Erfahrung gehabt oder ist die Erfahrung einfach aufgetaucht? Genau, du konntest zum Auftauchen der Erfahrung nichts beitragen. Das ist die Wahrheit. Jetzt greifst du nach dieser Erfahrung, weil es schön war endlich Ruhe zu haben und möchtest diese Erfahrung wieder haben. Du bist ein kluger Mensch mit einem scharfen Verstand und doch kannst du diese Erfahrung nicht replizieren. Das ist eine Tatsache. Das hast du selber herausgefunden. Kannst du diese Tatsache einfach sehen, ohne ein begriffliches denkbares Objekt daraus zu kreieren?

Gut, jetzt haben wir eine Basis für dieses Gespräch.

Bei diesem Gespräch geht es um das wichtigste Thema für die Menschen überhaupt. Es geht um Freiheit. Es geht um deine Freiheit. Jedes fühlende Wesen sucht letztlich Freiheit. Freiheit von Schmerz, von Unsicherheit, von Armut, von Unglück und vom Leiden.

Die Suche nach Ganzheit ist die Suche nach Freiheit von der inneren Zerrissenheit, von der inneren Zersplitterung.

Wenn du jetzt wieder deine Klugheit benutzt, kannst du vielleicht entdecken, wer oder was sich da in unserem Leben so zerrissen und zersplittert empfindet?

Aha, du bist es selber. Und was ist dieses du? Nein, bitte keine psychologische Definition! Zeig doch einfach mit der Hand auf das>du<. Nun, das ist der Körper, da ist kein du zu sehen.

Ok. Also das>du< können wir nicht finden, aber es ist irgendwie scheinbar doch da. Es erscheint jetzt allerdings nun etwas substanzloser, nicht mehr so fest, während unserer Forschung. Gut, bleibe einfach so, greife nicht nach der Erfahrung von Substanzlosigkeit.

Dann kannst du als nächsten Schritt forschen ob in der Erfahrung der Stille, die erfolgt ist, diese Zersplittertheit ebenfalls erfahren wurde. Genau, dort war diese Zersplittertheit abwesend. Was also genau war dann abwesend, wenn die Erfahrung von Stille erfahren wurde?

Es wurde also die gleiche Substanzlosigkeit des >du< erfahren, die es ermöglichte die Erfahrung der Abwesenheit von Zerplittertheit zu erfahren. Es war also plötzlich Raum vorhanden in der Stille leuchten konnte.

Für einen Bruchteil warst du scheinbar nicht so fest, so dass sich die wahre Natur offenbaren konnte. Und hast du aufgehört zu existieren oder bist du wahnsinnig geworden? Nein. Also wo vor hast du Angst? Wenn du willst, finde doch heraus was da eigentlich Angst hat. Denn du hast ja bei dieser Erfahrung der Stille keinerlei Schaden genommen. Finde doch selber heraus was sich da so sehr fürchtet und gleichzeitig so entsetzlich sehnt.

Vielleicht stößt du bei deiner Forschung auf die Wahrheit. Nur wenn du selber darauf stößt, ist es von Bedeutung, von dauerhafter Natur. Dann zerfällt es auch nicht mehr bei jeder kleinsten Bewegung im Leben. Dann endet Suche, dann ist sogar Finden bedeutungslos. Dann erwacht Menschsein. Dann leuchtet bedingungslose Liebe auf.

Dann kann sich das Eine endlich auch durch zwei Menschen umarmen. Dann können wir zusammen eine Tasse Tee trinken und lachen.

Forsche mutig.

Das Teewasser kocht schon.

Angst
Januar 29, 2012

Kuss der Stille/Tagebuchnotizen 2011

Angst

30.6.2011

Gestern Abend auf dem Berg mit dem Blick über die Stadt und den Fluss blieb man noch auf einer Wiese sitzen. Zwischen vielen Menschen, die ebenfalls dort saßen, und laufenden Hunden, die sich schwanzwedelnd gegenseitig beschnupperten und je nach Alter und Gemüt miteinander spielten oder sich faul auf dem Rasen ausstreckten.

Die Hitze des Tages hatte nachgelassen. Die Sonne war schon hinter dem Horizont verschwunden und ließ einen kräftigen dunkelblauen Abendhimmel zurück, in dem, trotz der hellen Lichter der Stadt, die ersten Sterne schimmerten.

Die Laternen warfen ihr gelbliches Licht sanft auf die Bäume und ihr Blätterkleid zauberte ein fantastisches Schattenspiel auf die Welt. Der süße Duft der Lindenblüten lag wie ein Seidendach hauchfein gewebt über der Wiese und die Menschen lachten und schwatzten, ihre Sorgen des Tages vergessend.

Pärchen küssten sich und hielten sich versonnen in den Armen.

Tiefer Friede lag in dieser lärmenden Szenerie und der fröhliche schwatzende Lärm wurde aus der Stille gesehen, wie es IST. Dies als schwatzende Stille, die sich erhebt und wieder einsinkt – ohne Dies zu berühren oder zu verändern.

Kommen und gehen aus sich heraus, immer frisch und neu.

Was für ein Wunder!

Dann kam im Gespräch die Frage auf, ist dieses Sehen in der Stille die Stille selbst, oder eine Erfahrung über die Stille, die wieder geht, wie schon so viele andere Erfahrungen zuvor.

Die Frage brach unvermittelt in die süße Schau. Wer dort schaute war nicht bekannt und doch wurde eine erste spontane Reaktion bemerkt.

Die Reaktion war Abwehr, die sofort, fast augenblicklich in der Stille verbrannte, ohne Widerstand.

Dann wurde in der Stille gesehen, dass da kein Zweifel bestand. Da gab es kein Platz, in dem Zweifel hätte bestehen können. Diese Stille war keine Erfahrung, sie war einfach und sie bleibt, weil sie einfach IST. Sie ist tatsächlich Alles, und Dies ist unzerstörbar. Dann wurde gesehen, die Stille hatte keine Mitte, kein Zentrum, dort war Nichts, und daraus kommt heraus was geschaut wird und verschwindet auch wieder darin.

Doch da fehlte etwas. Dass etwas fehlte wurde gesehen, doch nicht gewusst, was es war. Die Leere in der Mitte der Stille war früher ausgefüllt mit etwas und das war weg. Etwas was man als großes Zusammenziehen bezeichnen könnte, vielleicht kommt das dem am besten nahe. Nun war es weg und an seine Stelle ist Nichts getreten. Durch die Frage und das Verbrennen der Abwehr auf die Frage wurde gesehen, dass die Stille unbezweifelbar das ist was immer IST.

Doch wurde auch gesehen, dass da Angst unter der Abwehr sich verbarg, und da die Abwehr sofort hingegeben wurde, lag diese Angst nun offen.

Die Angst bezog sich nicht auf Zweifel an der Stille, da gab es keine. Oder an der Schau und der Reinheit (absichtslos) des Sehens, da gab es auch keine Angst.

Es war viel raffinierter und doch so einfach. Die Angst war gefüllt mit der Angst, dass wieder da, wo im Zentrum nun Nichts war, wieder das Alte einziehen könnte. Und doch war dort niemand, der Angst haben könnte, wie paradox.

Das wurde ausgesprochen, damit die Angst, die in der Stille als Gedankenform gesehen werden konnte, sich nicht mehr verstecken konnte. In der Stille, in diesem Bekanntmachen dessen, brannte die Angst lichterloh.

Doch so einfach ging die Angst nicht weg, obwohl sie brannte wie eine Scheune, und die Stille hielt weil sie nichts verdeckt.

Irgendwie stand es auf Messerschneide, so schien es.

Dass Panik aus Stille aufsteigen kann, wurde bis dahin noch nie erfahren, doch Panik beschreibt es am besten.

Völlig unbewegt außen und innen stieg ein Gefühl von Panik auf, an die sich die Angstgedankenform heften konnte. Das ist schrecklich, als ob man am lebendigen Leib geröstet wird.

Im Gespräch kam der Vorschlag auf, wenn die Stille wieder geht, dann geht sie eben, na und!

Der Feuersturm, der auf diese Worte hin ausbrach, lässt sich nicht beschreiben.

Doch die Stille hielt dem völlig unberührt stand, nur schien sie etwas blasser.

Dieses schien etwas blasser ließ das Entsetzen noch eine Stufe steigen, vor der Angst, dass das Alte wieder seinen Platz einnehmen könnte. Dabei war die Stille ruhig und das Zentrum leer. Der Feuersturm tobte überall im Inneren, aber das beeindruckt das was IST überhaupt nicht.

Und wenn die Stille wieder geht, na und!

Dann ist es eben so, dass sich das Leben so lebt. Dies mit tiefstem Herzen angenommen löschte die Angst aus, wie eine Kerze, die ausgeblasen wurde, und das stille Leuchten der Stille breitete sich aus und lächelte.

Oh, da fehlen alle Worte, und Tränen voll mit Dankbarkeit und Freude (Worte die so blass erscheinen) laufen jetzt noch am Morgen danach über das Gesicht.

Oh, welch Glückseligkeit, oh.

Danke, Danke.