Was ist Zeit?
August 18, 2012

Fragen eines Freundes

15.08.2012

Was ist Zeit?

Manche Fragen scheinen so ein inhärentes Potenzial zu beherbergen, dass die Antwort die erscheinen mag, für den der diese Frage hier stellt, als Grenze des Ertragbaren erscheinen lässt.  Hinter dieser Grenze gibt es keine vertrauten Regeln mehr. Dort ist die Sicherheit der vertrauten Regeln, die das Chaos des gewöhnlichen Daseins in Grenzen halten sollen, nicht mehr zu garantieren. Allerdings gibt es jenseits dieser Grenze auch kein Chaos, sondern eine Ordnung die unbedingt regelfrei und bedingungslos offen die Basis für absolute Potenzialität ist. Hier ist buchstäblich alles möglich.

Da dort die Frage erschienen ist, ist vielleicht auch die Verzweiflung über die Unwürdigkeit des regulierten Lebens größer, als die Angst beim Überschreiten dieser Grenze ausgelöscht zu werden. Die Wahrheit ist natürlich auch, dass diese Grenze nur ein Gedanke ist, durch den du erst erschaffen wurdest. Also ist das, was ausgelöscht werden könnte, gar nicht so großartig, wie du womöglich glauben möchtest.

Übrigens, wenn dort nur zugehört wird, ohne wirkliches Hingeben des Verstehen-wollens, wird das Ganze für dich bestenfalls nur eine absonderliche Abfolge von Worten. Lass also die Intelligenz lauschen, die du wirklich bist, und greife einfach nicht nach den Erklärungen.

Was ist also Zeit?

Über diese Frage ist schon viel gesprochen und geschrieben worden. All dieses Wissen ist hier unbekannt. Somit kann sich vielleicht eine Möglichkeit einstellen, dass eine frische Antwort erscheinen kann.

Unbelastet von altem Denken.

Unbelastet von altem Wissen.

Unverdorben, da es nicht durch einen Denkvorgang herausgepresst und widergekäut herausgewürgt werden muss.

Wenn sich also unvermittelte Beobachtung auf diese Frage richtet, ist sofort ein Paradox festzustellen. Dieses Paradox ergibt sich aus dem gewohnheitsmäßigen konditionierten Erleben von zeitlichen Vorgängen im Alltag von uns Menschen und aus dem was aufscheint, wenn unvermittelte Wahrnehmung führend ist.

Was ist hier gemeint mit unvermittelter Wahrnehmung. Wahrnehmung, die durch gedankliche Abläufe konditioniert ist, erschafft ein Abbild dessen was wahrgenommenen wurde. Das Abbild kann nicht mehr die Wahrheit sein, das ist unmöglich. Ist Wahrnehmung also möglich, ohne diese Vermittlung durch den Ablauf des Denkens? Ist Wahrnehmung ohne den Denker möglich?

Hier wird gesagt, dass es möglich ist. Doch das darf nicht geglaubt werden. Der Impuls zur Forschung muss, dort wo gefragt wird, selber glühendes Verlangen sein, sonst bleibt es nur bei Behauptungen die angenommen oder abgelehnt werden müssen. Es bleibt dann bei der Unwürdigkeit des regulierten Lebens und darum geht es hier ganz sicher nicht.

Es sieht so aus, als wenn erst einmal der Vorgang des Denkens und Rolle des Denkers, im Zusammenhang mit der Frage nach der Natur der Zeit, geklärt werden sollte.

Was ist also ein Gedanke?

Wenn unvermittelte Beobachtung geschieht, wie z.B. wenn Gedanke zu entstehen scheint, so ist die Beschreibung dessen nur ein Hinweis auf ein Ereignis, dass ein Objekt der Gedanke genannt wird und ein Vorgang das Denken genannt wird, zu  beinhalten scheint. Es ist nicht die Beobachtung selbst, es ist nur eine Beschreibung, die durch den Versuch der Kommunikation selbst bedingt ist.

Vielleicht scheint das klar zu sein, doch wir Menschen folgen gewöhnlich extrem oberflächlich den Beschreibungen, die uns umgeben und nehmen alles als gegeben und wahr hin. Oder wir zweifeln es genau so oberflächlich an.

Offensichtlich sind wir Menschen sehr oft faul und dauernd abgelenkt. Somit bildet Bequemlichkeit und Dumpfheit die Basis für das Gefangensein in einer scheinbar festen Existenz. Sklavenschaft ist das Ergebnis von unhinterfragten Glaubenssätzen. Wird diesen Worten unhinterfragt geglaubt, so ist das ebenfalls Sklavenschaft. Wahrhaftiges Hinterfragen ist unvermitteltes Beobachten.

Das unvermittelte Beobachten dessen was auftaucht, ist Befreiung.

Mehr ist nicht notwendig. Jedes Mehr, ist nur ein Tun, das die Fesseln wieder anlegt und strafft.

Es ist also notwendig, dass sich dort, wo gefragt wird, Aufmerksamkeit und Klarheit erhebt, sonst sind das hier alles nur belanglose Worte mit einem kuriosen Inhalt.

Es ist natürlich nicht auszuschließen, dass das sowieso so ist.

Also wenn sich Wahrnehmung auf die Entstehung von einem Gedanken richtet, so muss gesehen werden, dass da nur eine Bewegung wahrgenommen werden kann, die noch keinen Inhalt aufzuweisen hat. Da ist nur eine Bewegung, die das Potenzial birgt Inhalt abzubilden, widerzugeben, widerzuspiegeln. Es ist einfach formlose Energie als Bewegung mit der Potenzialität alles zu sein.

Diese Bewegung erscheint innerhalb eines aufscheinenden energetischen Musters.

Im Ergebnis der Konditionierung als Mensch, bezeichnen wir dieses Muster gewöhnlich als Person. Diese Muster könnte man auch als Bedingtheiten bezeichnen. Die letztliche Ursache dieser aufscheinenden Bedingtheit kann nicht sinnvoll beschrieben werden. Die größte mögliche Näherung als Beschreibung, ist zu sagen, dass keine Ursache existiert. Hier endet die Wahrheit als solche.

Diese aufscheinende Bedingtheit, dieses Muster, spiegelt sich in der formlosen Energie in Bewegung wieder. Die Potenzialität dieser formlosen energetischen Bewegung formt im Zusammenspiel mit der Bedingtheit des Musters, ein Energiemuster mit einem scheinbaren Inhalt heraus.

Wenn Aufmerksamkeit wirklich fokussiert ist, kann jetzt diese ausgeformte Energie als ein auftauchendes Objekt wahrgenommen werden.

Nun geschieht etwas ganz Vertrautes. Es erfolgt eine Bewegung des Greifens des Musters nach dem Objekt. Genauer gesagt, nach dem Inhalt des Objektes. Denn der Inhalt ist das Objekt und das Objekt ist Inhalt. Hier gibt es keine Dualität, weil es noch keinen Greifenden geben kann. Greifen geschieht aus sich heraus und das Greifen und das nach dem gegriffen wird, ist nicht getrennt voneinander.

Auch das bedingte Muster ist nur eine energetische Bewegung, die nicht durch das Vergleichen mit etwas anderes definiert ist. Hier ist nur das Eine. Das Muster ist nur und somit nondual. Exakter gesagt, erscheint das Muster zusammen mit der potenziellen Energie in Bewegung, die wiederum die Basis für Inhalt zu sein scheint. Sie sind nicht getrennt voneinander, sie sind eins. Ergänzend muss gesagt werden, dass diese  Bewegung an sich Unbewegtheit ist, die als Bewegung in sich erscheint.

Es ist völlig klar, dass das unter dem Gesichtspunkt des Verstehen-wollens keinen Sinn macht. Doch eine bessere Beschreibung taucht nicht auf.

Hier existiert weder Raum noch Zeit. Übrigens ist generell in der Sicht Raum und Zeit das Gleiche. Nur durch den Versuch des Beschreibens zerfallen sie in zwei Phänomene.

Doch das ist eine Täuschung, die durch das Denken entstehen muss, da Denken immer nur in Bezug oder im Vergleich mit Etwas Erkenntnis zu schöpfen versucht.

Doch unvermitteltes Beobachten kann kein Bezug zu Etwas beinhalten oder kann den Vergleich mit einem Bezugsobjekt ermöglichen. Es steht völlig alleine.

Erst durch Beschreiben selbst zerfällt unvermittelte Beobachten in etwas und wird zum Beobachteten, wird zu einem Objekt.

Jetzt sind wir genau direkt bei der Frage nach der Natur der Zeit. Wir sind im Zentrum angelangt.

Das Greifen des Musters nach Inhalt kann als eine Bewegung innerhalb der Bewegung wahrgenommen werden. Diese Bewegung hin zum Inhalt, ergibt eine enorme Fokussierung, ein Binden von Aufmerksamkeit an diesen Inhalt, der in seiner Essenz nur die Spiegelung der Bedingtheit des Musters selbst ist.

Das Hineingleiten von Wahrnehmung hat hier noch den Charakter von unvermitteltem Erstaunen, doch gerinnt normalerweise sofort zu einer Fixierung von Wahrnehmung auf den Inhalt. Die Potenzialität selbst ist die ursachlose Basis für die Endlosigkeit der Spiegelung von Bedingtheit und aufscheinendem Inhalt. Es scheint ein anfangsloser Tanz der Energie zu sein, der in einem endlos in sich selber widerspiegelnden unbegrenzbaren Nichts erscheint und sich in erstarrte Wahrnehmung verfangen zu haben scheint.

Das endlose Pendeln der Wahrnehmung von Reflexion zu Reflexion könnte man als den Vorgang des Denkens benennen. Dann taucht Benennen der Reflexionen auf. Damit erst taucht der Denker auf und mit dem Denker taucht das Phänomen der Zeit auf. Der Denker als Phänomen ist das Phänomen Zeit an sich. Hier sind die Quelle von Zeit und die Ursache von Bindung der Zeit an Erscheinung zu finden. Hier taucht das >ich< auf, dass als Teil der Selbsttäuschung glauben muss, die Ursache dieser Bewegung zu sein.

Doch es ist genau umgekehrt. Der Denker, das ich, ist das Gefühl was bei Bewegung entsteht.

>ich< ist Ergebnis. Genauer gesagt, ein mögliches Ergebnis, denn das Gefühl kann völlig verschwinden.

Erst in Ergebnis der Bewegung, die hier als Denken bezeichnet wird und der Benennung von Erscheinungen, erscheint Zeit. Innerhalb der Bewegung des Denkens ist Zeit mathematisch beschreibbar, messbar und relativ. Man kann Zeit hier beugen, sammeln und aufteilen. Doch es ist nicht die Zeit selbst, die hier bearbeitet und gemessen wird. Es ist die Bewegung an sich, in der Zeit als Ergebnis auftaucht, die beeinflusst wird.

Kommt Bewegung absolut zur Ruhe verschwindet Zeit.

Diese aufscheinende Wirklichkeit, in der wir zu existieren scheinen, entsteht durch in sich zerfallende Bewegungen und diese Bewegung kann als Zeit, also auch als Raum wahrgenommen werden.

Die Ursache der Bewegung an sich ist völlig unbekannt.

Richtet sich Wahrnehmung auf diese Unbekanntheit, so ist alles eindeutig.

Richtet sich eine Absicht von Beschreibung auf diese Unbekanntheit, so zerfällt alles zu Objekten in Zeit und Raum und die Beschreibung wird sinnleer.

Richtet sich die Intelligenz, die die inhärente  Qualität der Bewegung ist, auf diese Unbekanntheit, so kann dies ebenfalls gesehen werden. Es ist keine Errungenschaft von dem der hier gerade zufällig spricht, sondern es ist die Qualität, die sich eben auch in individueller Erscheinung, ständig ausdrückt.

Diese Frage nach der Natur der Zeit ist somit keine andere Frage, als die Frage nach der Natur aller Erscheinungen. Somit ist es die Frage nach dir selbst. Somit ist es auch die Frage, ob dort die Bereitschaft aufgetaucht ist, die Faszination der Fixierung der Wahrnehmung auf die gespiegelten Inhalte zu lassen.

Ist es genug?

Das ist eine völlig unpersönliche Frage.

Denn wenn das so ist, verschwindet die Person sofort.

Was bleibt ist völlige Ungebundenheit der Wahrnehmung. Das kostet allerdings das Leben als Mensch, so wie wir gewöhnlich Menschsein definieren.

Ist dort die Bereitschaft, diese Einsamkeit zu ertragen, nur der Freiheit wegen?

Nun?